Lebendige Hausapotheke seit alters her!
Dass Holunder eine erstaunliche Heilpflanze ist, weiss man nicht erst, seit es unseren Wissenschaftlern immer besser gelingt, die verborgenen Inhaltsstoffe der Pflanzen aufzuspüren. Prähistorische Funde belegen, dass die Menschen bereits in grauer Vorzeit etwas mit den Früchten und Zweigen anzufangen wussten.
Der griechische Arzt Hippokrates (460-375v.Chr.) empfahl die Holunderbeeren
als abführendes, harntreibendes und gynäkologisches Mittel. Auch findet man in
„De materia medica“ von Dioskurides (röm. Arzt 1.Jahrhundert) etliche Holunderrezepturen. Er beschreibt wie eine Arznei aus den Blättern bei entzündlichen Wunden und Schlangenbissen anzuwenden ist, wie man aus einem Gemisch von Wurzeln und Wein einen Absud gegen Wassersucht herstellt und wie man aus den Blüten einen Tee gegen Fieber zubereitet. Bei heissen Beinen und faulen Brüchen sollten Waschungen einer Holunderblättermixtur gute Dienste leisten. Der röm. Naturheilkundler Plinius (1.Jahrhundert) dokumentiert ebenfalls den Nutzen des Holunders. Er gibt eine Empfehlung die wohl eher für robuste Naturen gedacht ist:
Um Masern zu vertreiben, sollte man den Körper des Kranken mit einem Holunderzweig peitschen.
Dass Holunder den Schweiss aus den Poren treiben kann, war auch der Klosterfrau Hildegard von Bingen bekannt. Sie riet, ihn als schweisstreibendes Mittel für Schwitzkuren bei Fieber und Erkältungen. Gegen Gelbsucht hatte sie ein einfaches Rezept. „Wer Gelbsucht hat, der betrete ein Dampfbad und lege Holunderblätter auf die heissen Steine und giesse Wasser darüber.“
Im 13.Jahrhundert erläuterte Thomas von Aquin wie mit der Rinde zu verfahren sei. Sie nutzt ihm zufolge nur als Brechmittel, wenn man das Innere nach oben schabt. Schabt man die Rinde hingegen nach unten, entfaltet sie eine abführende Wirkung. Von einigen Indianderstämmen ist beispielsweise überliefert, dass sie ihre Rindenarzneien ebenfalls nach diesem Prinzip zubereiteten.
Die Rinde verwendete man übrigens seit alters her auch als Mittel gegen Epilepsie. Unsere Vorfahren gaben sich freilich nicht mit der puren Anwendung der Pflanzenarznei zufrieden. Im Laufe der Jahrhunderte sind Vorstellungen entstanden, dass Pflanzen und speziell Bäume Wesen mit magischen Kräften beherbergten. Dies galt es zu ehren oder zu besänftigen, je nachdem, ob sie Gutes oder Böses im Schilde führten. Der Holunder wurde als Wohnstatt von Göttern, Feen und Elfen, aber auch des Teufels angesehen.
Früher war es Brauch, vor jedem Holunder ehrerbietig den Hut zu ziehen.
Es hiess auch, wer den Hollerbusch fällte, beschädigte oder verbrannte, dem stand schon in naher Zukunft Armut und Krankheit ins Haus oder sogar der Tod.
Dass der Holunderstrauch möglichst nahe an einer menschlichen Behausung stehen solle, hat beispielsweise mit dem Glauben an die germanische Göttin Holda, (Frau Holle aus dem Grimm`schen Märchen) zu tun, die den Holunder als Schutzgeist bewohnt. Um die „holde“ Wächterin der Gesundheit, die Haus, Hof und Felder beschützt und zudem für gutes und schlechtes Wetter sorgt, in nächster Nähe zu haben, pflanzte man den Holunder möglichst dicht an das Wohngebäude oder den Stall. So sollten Bedrohungen durch Hexen und andere bösen Geister abgewendet werden.
Holunder ist nur einer von vielen Namen, die der Volksmund für das Geissblattgewächs hat. Das Wort Holunder stammt von dem Wort Holunta ab
(Holun = hohl, heilig), event. auch von Holda/Frau Holle. Tar kommt von Baum
oder Strauch. Der lateinische Name des Strauchs, Sambucus, geht auf die alt-griech. Sambuche zurück, ein harfenähnliches Instrument, das aus Holunderholz gefertigt wurde. Seine Zweige dienten auch zur Herstellung von Flöten.
Weitere Namen: Alhorn, Backholder, Betschel, Eiderbaum, Elder, Eller, Flieder,
Fliederbeerbusch, Holder, Holderbaum, Holderbusch, Holler, Judasbaum, Keilken, Tutenholz.......
Auch in der Bibel finden sich zahlreiche Hinweise auf den Holunder: So war die
Wiege des Jesuskindes angeblich aus Holunderholz gefertigt. Die Heilige Familie hat auf der Flucht nach Ägypten unter einem Holunderbaum gerastet. Das Kreuz Christi war aus Holunderholz. Judas hat sich an einem Holunderbaum erhängt.
Den Kelten galt er als heiliger Baum. Er verkörpert die Unendlichkeit des Lebens:
Im Winter war der Baum tot, im Frühjahr erwachte er zu neuem Leben.
Im druidischen Baumkalender ist der Holunder der 13. und letzte Jahresbaum. Er schliesst das Jahr ab und steht für Tod und Wiedergeburt.
Auch Freya, die germanische Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit, soll eine
besondere Beziehung zum Holunderbusch haben und in dem Strauch wohnen.
Der Holunder steht in Blüte, nun wird es wieder Zeit für ein paar
Köstlichkeiten. Holundersekt, Holunderblütensirup, Blüten im Teig,
Holunderblüten-Joghurt-Eis, Holunderblütenmousse.
Es gibt zahlreiche Rezepte für diesen wunderschönen Baum.
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