Alle unsere Mohrrüben stammen von ihr ab – die Wilde Möhre,
sie ist eine uralte Pflanze und eine sehr lange genutzte Heilpflanze.
Hinweise liefern Samenkörner die in steinzeitlichen Pfahlbauten gefunden wurden. Unsere germanischen Vorfahren nutzten sie als Nahrungs- und Heilpflanze.
Sie wurde schon in vorchristlicher Zeit kultiviert. Auch die alten Griechen und Römer kannten sie. Dioskurides (griechischer Arzt, 1.Jh.) empfahl die Samen getrunken zur Förderung der Menstruation, gegen Harnverhaltung, Wassersucht, Brustfellentzündung, sowie gegen Bisse und Stiche giftiger Tiere. Er beschrieb die Wurzel als harntreibend und sie solle den Geschlechtstrieb fördern. Im Altertum galt sie als ein beliebtes Aphrodisiakum.
Die fein gestossenen Blätter mit Honig vermischt, galten als gutes Mittel zur Reinigung krebsartiger Geschwüre.
Möhrenwein und Most, aus den Wurzeln setzte Dioskurides zur Behandlung von Brustschmerzen, Unterleibsbeschwerden, Gebärmutterleiden, Husten, Krämpfen und inneren Rupturen ein.
Kräuterpfarrer Künzle schätzte die Wilde Möhre nicht nur als gute, milde und nahrhafte Speise, sondern als Arznei gegen alle Schwächen in Leber, Nieren, Milz und Blase, weil sie den Urinabgang fördere. Er empfahl die geraspelte Möhre äusserlich bei Furunkeln, Brandwunden und zur Milderung von Krebs und Lupus.
Gekocht eingenommen benutzte er die Wurzel gegen Gelbsucht und Gallenfieber.
In Milch gekocht empfahl er sie den Schwindsüchtigen (Tuberkulose).
Die frischen gestossenen Blätter zur Auflage bei frischen Wunden. Einen Tee zur äusserlichen Anwendung bei Frostbeulen und aufgesprungenen Wunden, als Gurgelwasser bei Zahnweh und Mundfäule. Und die rohen Möhren als Wurmmittel.
Das Öl aus den Samen hat eine besonders glättende Wirkung auf die Haut. Zudem hilft es, wenn man zu lange in der Sonne war und einen leichten Sonnenbrand hat. Es wirkt kühlend und entspannend. Es wird dem Öl sogar eine Anti-Aging-Wirkung nachgesagt, es soll die Alterung verlangsamen. So wird es teilweise auch in Cremes und Ölen gegen Falten verwendet.
Man kann auch ein Öl aus der Wurzel herstellen. Dazu füllt man die gesäuberten, zerkleinerten Wurzeln in ein Glas und lässt es eine Woche in der Sonne stehen. Es ist ein gutes Hautpflegemittel und vitaminreich.
Weitere bekannte Anwendungsmöglichkeiten der wilden Möhre liegen in der Behandlung von Konzentrationsstörungen und leichter Depressionen.
Sie soll blutzuckersenkend wirken und Durchfall vertreiben. Auf Korsika schätzen die Menschen die Blätter dort wegen ihrer antiseptischen Wirkung. Und die Blüte soll als Tee zubereitet bei Diabetis Erfolge verzeichnen. Sie hilft auch, wie die Karotte, bei der Stärkung der Sehkraft.
Sie wirkt durchspülend auf die Nieren, da sie den Harn treibt. Sie soll entzündungshemmend wirken. Vor allem der Brei aus den Wurzeln wurde früher auf Verbrennungen und Sonnenbrände aufgelegt.
Was für Pferdebesitzer interessant sein könnte, die Pflanze ist wirksam gegen Koliken.
Begibt man sich auf die Suche nach der Wilden Möhre besteht die Gefahr, dass man sie mit anderen weissen Doldenblütlern verwechselt. Z.B. der Giersch, Wiesenkerbel, Wiesenbärenklau, sowie der giftigen Hundspetersilie und dem giftigen
Gefleckten Schierling.
Auf den ersten Blick ähneln sich alle!
Allerdings gibt es zwei Kriterien, welche die Pflanzenbestimmung erleichtern.
Zum einen der Duft, die Wilde Möhre verströmt beim Zerreiben der Blätter einen intensiven Duft nach Möhren. Auch die Blüten duften möhrenartig.
Die Giftpflanzen Gefleckter Schierling und Hundspetersilie hingegen riechen streng nach Urin (Mäuseurin).
Ein weiteres Erkennungsmerkmal ist die lila bis schwarze Blüte in der Mitte der Dolde, die „Mohrenblüte“ genannt wird, durch sie bekam die Wilde Möhre ihren Namen.
Seit Jahrhunderten gibt es schon Legenden über diesen Fleck. So soll laut einer alten Sage nach, der Fleck ein Zeichen für die Treue oder die Unberührtheit einer jungen Frau sein. Je grösser der Fleck, desto ehrbarer war die Frau. War der Fleck aber nicht vorhanden, so galt die Frau als Sünderin.
In England trägt die Wilde Möhre auch den Namen „Spitzen der Königin Anna“, weil die Blüten wie filigrane Spitze aussieht. Der Fleck in der Mitte soll ein Tropfen Blut sein, der der Königin aus dem Finger kam, nachdem sie sich mit einer Nadel gestochen hatte.
Ein weiteres Merkmal wäre: vor und nach der Blüte rollt sich die Dolde wie ein Vogelnest zusammen.
Nun naht der Herbst und wir können uns ein Wilde-Möhre-Gemüse oder eine kräftige Suppe zubereiten. Die Wurzeln sind schmackhaft und vitaminreich, es finden sich viele wertvolle Inhaltsstoffe, zum Beispiel Vitamine, Carotine, Zucker, Mineralien und ätherische Öle. Auch die anderen Pflanzenteile wie die Blüten, Blätter und die Samen können als würziger Bestandteil eines Wildkräutermenüs verwendet werden. Die Samen sind reich an ätherischen Ölen und ergeben ein aromatisches Wildgewürz.
Früher wurde die Wurzel getrocknet, gemahlen und gemeinsam mit der Wurzel der Zicchorie zum Muckefuck verwandelt, den Zicchorienkaffee. Viel Spass beim Ausgraben! Und guten Appetit!
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