Auf meinem Streifzug durch die Natur habe ich dieses schöne Exemplar entdeckt, das kann ich Ihnen nicht vorenthalten. Der Gattungsname Datura ist arabischen Ursprungs, während sich stramonium aus dem griechischen strychnon und manikon (Wahnsinn) zusammensetzt. Den deutschen Namen erhielt die Pflanze wegen ihrer stacheligen Frucht. In unseren Gegenden gedeihen wild zwei Stechapfelarten, und zwar die seltene, bläulich blühende Datura tatula und die weissblühende Datura stramonium, welche häufiger vorkommt. Ausser in der Farbe sind beide gleich. Sie sind einjährig. Es sind Nachtschattengewächse und sie kommen in stickstoffreichen Gärten, an Ackerrändern und auf Schuttplätzen vor. Sie sind wärmeliebend und versamen sich jedes Jahr wieder neu. Die Heimat ist unbekannt, man nimmt Nordamerika oder das Kaukasusgebiet an. Im „Kräuterbuch“ von Leonhart Fuchs (1543 in Basel) ist zu lesen, dass der Stechapfel als Gartenpflanze, als „Fremdgewächs“ einzustufen ist. Später sind die Stechäpfel dann verwildert. Die langen Blüten der schnellwachsenden Pflanze öffnen sich jeweils am Abend und blühen nur etwa einen Tag lang. Sie schliessen sich bei Regenwetter. Sie senden einen kräftigen moschusartigen Geruch aus, der bei den abends frisch geöffneten Blüten besonders ausgeprägt ist. Sie sind bei Nachtfaltern sehr beliebt. Die frischen Blätter haben einen schwach betäubenden, unangenehmen Geruch, der sie vor dem gefressen werden durch Tiere schützt. Neben der medizinischen Bedeutung wird und wurde Datura als Rauschmittel zur Bewusstseinsveränderung verwendet. Zuni-Priester benutzten die Pflanze, um die Geister der Ahnen zu kontaktieren oder die Identität von Dieben zu ermitteln. In der westeuropäischen Volksmedizin ist der Stechapfel ohne Bedeutung. In Osteuropa und Westasien dagegen wird er trotz seiner Giftigkeit genutzt. In Russland legte man frische Blätter auf Brandwunden. An der Wolga versuchte man mit dem Rauch, der beim Verbrennen der Samen entsteht, Zahnschmerzen zu vertreiben.
Früher wurden Stechapfelblätter bei Asthma mit gutem Erfolg geraucht. Auch wurde es bei Krämpfen und Rheumatismus eingesetzt. Heute werden sie wegen der Nebenwirkungen nicht mehr angewendet.
Im europäischen Raum wurde die Pflanze auch mit der Flugsalbe in Verbindung gebracht. Nach Hexenprozessakten aus der Steiermark soll aus ihren Samen, vermischt mit Fett, eine Salbe bereitet worden sein, die das Gefühl erzeugt habe, man könne in Gestalt eines Vogels fliegen. Plausibel werden diese Annahmen durch die halluzinogene Wirkung durch die giftigen Inhaltsstoffe des Stechapfels.
Mit dem Ruf als Hexenpflanze verbunden ist möglicherweise auch die Vermutung, dass die Zigeuner den Stechapfel im 15. Jh. aus Westasien nach Europa eingeführt hätten. Da Stechapfel als Aphrodisiakum gilt, wurde er in Europa, China und Peru Getränken wie Bier zugesetzt. Man hat auch Pferden Stechapfelblätter in den Mastdarm gesteckt, um ihnen mehr Temperament zu verleihen um somit einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Im Aberglauben begegnet man dem Stechapfel unter dem Namen „Donnerkugel“ als gewitterabweisende Pflanze. Einem Brauch aus dem Vinschgau zufolge sollten besonders die an Mariä Himmelfahrt (15. August) im Kräuterwisch geweihten Stechapfelfrüchte diese Wirkung erzielen. Die Zigeuner verwendeten den Stechapfel als Orakelpflanze. Heute wird die Datura wegen ihrer schönen Blüte hauptsächlich als Zierpflanze verwendet. Die Pflanze wird häufig mit den Engelstrompeten verwechselt. Die Pflanze ist in allen Teilen stark giftig, die letale Dosis liegt bei Scopolamin (Inhaltsstoff der Datura) bei 50 mg, bereits niedrigere Dosen können den Tod durch Atemlähmung herbeiführen. Bei Kindern können schon 4 bis 5 g der Blütenblätter zum Tode führen. Vergiftungssymptome sind Hautrötung, trockener Mund, Unruhe, Schläfrigkeit und/oder Halluzinationen, Verwirrtheit, Pupillenerweiterung, Herzrhythmusstörungen, komatöse Zustände, Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung. Diese Pflanze lädt nicht zum Experimentieren ein! Ist aber wunderschön anzuschauen!
Comments